FESTIVALDIREKTOR NILS BUSCH-PETERSEN IM GESPRÄCH

Herr Busch-Petersen, das Louis Lewandowski Festival geht bereits in das achte Jahr und erfreut sich in Berlin und über die Grenzen der Hauptstadt hinaus großer Beliebtheit. Was treibt Sie auch in diesem Jahr wieder an?
Seit unserem Bestehen durften wir schon weit mehr als 1.500 Choristen, Solisten und Kantoren aus der ganzen Welt in Berlin begrüßen und gemeinsam mit ihnen unvergessliche musikalische Momente erleben. In großer Demut sind wir auch in diesem Jahr wieder sehr glücklich darüber, dass Berlin auf dem Weg ist, erneut Zentrum für jüdisch-liturgische Musik zu werden. Nach allem, was in dieser Stadt und von ihr ausgehend jüdischen Menschen, der jüdischen Welt und der jüdischen Kultur angetan wurde, ist das keine Selbstverständlichkeit.

Sie sind Hauptgeschäftsführer des Handelsverband Berlin-Brandenburg. Wie gehen Sie mit der historischen Verantwortung um?
Der Handelsverband Berlin-Brandenburg e.V. (HBB) ist ein Zusammenschluss von Unternehmen und engagiert sich seit Jahren neben seinen eigentlichen Aktivitäten als Wirtschafts-, Berufs- und Arbeitgeberverband für eine Erinnerungskultur auch und gerade im Einzelhandel und für jüdisches Leben und jüdische Kultur in Berlin. Eingedenk dessen, dass der Berliner Einzelhandel maßgeblich bis zur NS-Zeit von jüdischen Unternehmen und Kaufleuten geprägt wurde und dieses Unternehmertum in der Schoa vollständig untergegangen ist, stellen wir uns unserer historischen Verantwortung.

1933 waren weniger als 1% der Einwohner Deutschlands Juden. Aber 25 % aller Einzelhändler und rund 75 % aller Kauf- und Warenhausbesitzer waren jüdische Kaufleute. Auch daher hat der HBB mit Plakat-, Schaufenster- und Kunstaktionen regelmäßig an die Reichspogromnacht 1938 erinnert, deren Bezeichnung „Reichskristallnacht“ auf die zahlreichen zerschlagenen  Schaufenster und geplünderten Geschäfte zurückgeht.

Welche besondere Beziehung gibt es zwischen den Kaufleuten und synagogaler Musik?
Wir haben uns konsequent eines Kulturgutes angenommen, welches mit der Schoa fast völlig ausgelöscht war: der Synagogalmusik. Als Hauptträger und Partner fördern der Handelsverband Berlin-Brandenburg und seine Mitglieder seit 2007 das Synagogal Ensemble Berlin und seit 2011 das „Louis Lewandowski Festival – World Festival of Synagogue Music“, welches zum weltweit größten musikalischen Ereignis seiner Art geworden ist. Natürlich
freut es die Kaufleute, wenn das Festival zugleich einer der Gründe für einen verkaufsoffenen Sonntag in Berlin ist.

Das Louis Lewandowski Festival transportiert glaubwürdig das Bild des neuen toleranten Berlins in die Welt, als einer Kapitale mit lebendiger jüdischer Kultur und als Hauptstadt, die sich ihrer historischen Verantwortung stellt.